Der Marktplatz erklingt
Jubiläum: Der Posaunenchor der Peterskirche feiert sein 100-jähriges Bestehen mit einer Matinee am Marktplatz und einem Festkonzert in der Kirche
Weinheim. Das war im wahrsten Sinne des Wortes ein klangvolles Ereignis: Mal kamen bei der Matinee des Posaunenchors der Peterskirche am Samstagmorgen warme Trompetentöne vom 55 Meter hohen Turm der St.-Laurentius-Kirche, dann führten Bläser im selben Stück das musikalische Zwiegespräch vom Balkon des Alten Rathauses fort, ehe das große, vor Laurentius am oberen Marktplatzende postierte Orchester lautstark unter Leitung von Landesposaunenwart Armin Schaefer ein Lächeln in die Gesichter der zahlreichen Zuhörer zauberte. Zu den glanzvollen Darbietungen passte die Tatsache, dass Trompeten, Posaunen und Tuben immer wieder prächtig glänzten, wenn sich die Sonne am strahlendblauen Sommerhimmel im Blech spiegelte.
„Ich hätte nicht gedacht, dass das ohne Proben so ausgezeichnet funktionieren würde“, sagte Kirchenmusikdirektor Schaefer am Ende der Matinee. Die insgesamt über 70 Mitwirkenden – die Hälfte von ihnen Musiker aus dem Kirchenbezirk und Nordbaden – hatten den Hinweis von Simon Langenbach zu Beginn des Open-Air-Konzertes beherzigt. Der Bezirkskantor hatte alle aufgefordert, eine knappe Stunde voll konzentriert zu bleiben. Schließlich waren die variierenden Einsätze zwischen Kirche, Altem Rathaus und Marktplatz bei anspruchsvollen Stücken von Georg Friedrich Händel, Bearbeitungen von Burghard Schloemann, Turmsonaten von Gottfried Reiche oder der von Simon Langenbach komponierten Jubiläumsfanfare klar vorgegeben.
Variationen des Badner Liedes
Die Mischung aus Kirchenmusik, Klassik und Volkslied war gut gewählt. Wann hat man je so unterschiedliche Variationen des Badner Lieds gehört, das in der Bearbeitung von Johannes M. Michel auch mal zu einem Walzer mutiert oder mit Passagen der Marseillaise und des Volkslieds „Auf de schwäbsche Eisebahne“ verziert wird. Zum Ende der Matinee wurde musikalisch beim Lied „Großer Gott, wir loben dich“ vom Posaunenchor der Peterskirche die Ökumene gepflegt und schließlich mit Johann Sebastian Bachs „Nun danket alle Gott“ ein klassischer Schlusspunkt gesetzt, dem man noch einmal das Badner Lied als Zugabe hinterherschickte.
Vom Turm der Laurentiuskirche hatten Hans-Jörg, Felix und Pia Tenbaum sowie Matthias Gimbel ihre Instrumente aus luftiger Höhe wohltönend erklingen lassen. Auf der Treppe der Laurentiuskirche hatten sich Stephan Siebig, Jakob Langenbach, Nora Plasencia-Duhm und Frederik Dietrich zu einer zweiten Gruppe für das musikalische Zwiegespräch positioniert. Vom Balkon des Alten Rathauses mischten Jordana März, Elisabeth Matthisen, Maximilian Ernst und Klaus Bernhard mit und komplettierten den Wohlklang. Die Kugel Eis, die Alberto Ferrarese jedem Mitwirkenden am Ende spendierte, hatten sich alle verdient.
Landesposaunenwart Schaefer wird den Festsonntag der Blechbläser aus Weinheim so schnell nicht vergessen. Der Weinheimer Posaunenchor gehört nicht nur wegen seiner hundertjährigen Geschichte zu den besonderen kirchlichen Musikgruppen in Nordbaden, wo es laut Schaefer rund 5500 Frauen und Männer in Posaunenchören gibt. Dass man sich in Weinheim seit dem Jahr 2003 auf die solide und fachlich hervorragende Arbeit von Simon Langenbach verlassen kann, ist etwas Besonderes.
Mit Lob überschüttet
Armin Schaefer würdigte am Samstagabend beim Festkonzert in der Peterskirche das Wirken Langenbachs, der auch vom Vorstand des Posaunenchors mit Lob überschüttet wurde und lang anhaltenden Beifall in der gut besuchten Kirche erhielt. Das eineinhalbstündige Festkonzert zeigte schließlich noch einmal das musikalische Gespür Langenbachs und eine treffsichere Wahl bei der Zusammenstellung des Konzertprogramms. So wurden dreimal Auftritte von sieben Jungbläsern eingebaut, die bei einem kurzen Largo aus Antonin Dvoráks 9. Sinfonie mit „Musik aus der neuen Welt“, bei einem jazzigen „Sing To The Lord“ von Langenbach und einem „Chacha“ von Reinhard Grimm hören ließen, wie gut sie musikalisch herangeführt werden. „Wir machen Musik, weil wir es können und weil wir Spaß daran haben“, verriet der Bezirkskantor bei einer Ansage sein Rezept.
Posaunenchöre seien im Grunde wie Familien, und das wurde deutlich, als Langenbach durch Befragungen offenbarte, dass sich auch im Publikum des Festkonzertes einige Frauen und Männer befanden, die in früheren Jahren dem Posaunenchor angehört hatten. Die Verbindung reißt nie ab, und der Zusammenhalt ist beachtlich. An Festkonzert und Matinee wirkten rund 30 Musiker aus dem Kirchenbezirk und Nordbaden mit. Sie waren der Weinheimer Einladung gefolgt und bildeten in der Kirche einen satten, wohlklingenden Posaunenchor – ganz im Sinne des Konzertmottos „Friends For Life“.
Auch in anderen Genres sattelfest
Das gleichnamige Stück von Dizzy Stratford, eine Langenbach-Version des bekannten „Ich bete an die Macht der Liebe“ von Dmitri Stepanowitsch Bortnjanski oder der rührende „Song From A Secret Garden“ des norwegischen Komponisten Rolf Lovland zeigten beispielhaft, dass die dem Kirchenlied verbundenen Musiker auch in anderen Genres sattelfest sind.
Quelle: Weinheimer Nachrichten vom 18.07.2022 von Jürgen Drawitsch