Tausende feierten Gottesdienst am Radio mit
Der Gottesdienst in der Peterskirche war gestern im Deutschlandfunk zu hören - Die Übertragung brachte einige Herausforderungen mit sich
Weinheim. (keke) Durchschnittlich 150.000 Menschen feiern Sonntag für Sonntag die vom Deutschlandfunk übertragenen Radiogottesdienste an ihren Lautsprechern mit. "Es können aber auch schon mal bis zu einer halben Million sein", sagt Walter Schlund. Dann nämlich, wenn sich Menschen von Südafrika bis Grönland über das Internet-Portal der "Deutschen Welle" einklicken.
Der 69-Jährige ehemalige Studioleiter von Rias Berlin ist seit 45 Jahren "auf Sendung" und zeichnete dafür verantwortlich, dass auch seine gestrige 800. "Jubiläums"- Live-Übertragung aus der Weinheimer Peterskirche ohne Panne über den Äther ging.
"Der Abschlusssegen darf auf keinen Fall um 11.01 Uhr stattfinden", macht der für die Badische Landeskirche zuständige SWR-"Rundfunkpfarrer" Wolf-Dieter Steinmann deutlich, als die RNZ am Samstagabend die Generalprobe besucht. "Nach 54 Minuten und 35 Sekunden müssen wir fertig sein, weil um 11 Uhr die Nachrichten ,on Air' sind".
Eine Herausforderung auch für Pfarrerin Ute Haizmann und Dekan Rainer Heimburger, die den Gottesdienst mit einer "Dialog-Predigt" bereichern. Nicht überziehen, aber auch nicht zu kurz predigen, lautet die Sendervorgabe. Sieben Mal haben die Geistlichen ihren Predigtentwurf überarbeitet, bis sie auf 8,15 Minuten kommen. Beim "Probegottesdienst" sind es plötzlich 9,40 Minuten.
"Im Blickkontakt mit den Menschen dauert unsere Predigt länger als zu Hause", weiß Haizmann den Grund. Eine Liedstrophe und ein Orgel-Zwischenspiel weniger, und der nötige Zeitpuffer von 30 Sekunden ist wieder hergestellt. "Wir hätten aber auch die Einspielung des Glockengeläuts verkürzen können", lässt sich Schlund keine grauen Haare wachsen. "Neben den Kirchenbesuchern müssen wir auch die Radiohörer im Blick haben", ergänzt Steinmann. Der Rundfunkpfarrer erläutert die Nuancen, die einen kleinteilig zu rhythmisierenden Radiogottesdienst von einem Fernsehgottesdienst unterscheiden. Trotz der Distanz wollten die Hörer zu Hause "ein Stück der Gemeinde werden". Zudem soll das Ganze "keine Show, sondern ein ganz normaler Gottesdienst" bleiben.
Den technischen Herausforderungen der Peterskirche widmet sich währenddessen Walter Schlund. Probleme bereitet zunächst, das einwandfrei einzufangen, was von der Empore herabkommt. "Starke Reflexionen" und "Schalldruck von links" auf die 14 Mikrofone verursachen vor allem der Posaunenchor und Kantor Simon Langenbach an der Orgel.
"Keine Probleme" hat Schlund mit Anne-Christine Langenbach am Klavier und dem von ihr geleiteten Jugendchor "Vivida Banda" sowie den Sängern der Singschule. Lisa Fabricius und Rolf Luchtenberg meistern die Lesungen und Fürbitten, ehe sich Haizmann und Heimburger dem Predigtthema "Gleich und gleich gesellt sich gern" widmen.
Aus dem Juden Petrus und dem heidnischen Hauptmann Cornelius werden bei ihnen "Peter und Cornelia". Beide machen den gut 250 Gottesdienstbesuchern klar, dass die Anhänger Jesu eine innerjüdische Reformbewegung geblieben und keine universale Gemeinschaft geworden wären, hätten sie nicht nationale, soziale und ethnische Grenzen zu überwinden gelernt.
Exakt um 10.58 Uhr beginnt Simon Langenbach sein Orgelspiel, der Posaunenchor fällt ein. Haizmann und Heimburger haben ihre Predigt in 9,08 Minuten beendet und genügend Puffer geschaffen. "Perfekt", lobt Schlund. Und wenn es mit der Technik aus irgendwelchen Gründen nicht geklappt hätte? Schlund schmunzelt: "Im Sender liegt immer ein Ersatzgottesdienst bereit".
Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung vom 27.01.2014